Mittwoch, 2. Februar 2011

ALTER SCHWEDE


(Mit bestem Dank an Adi und Ulric Jansson)

Vielleicht hat der eine oder die andere sich schon mal gefragt, was eigentlich der alte Fußballgott Henrik Larsson so treibt. Meinen Kumpel Adi trieb die Frage auch um und er fand heraus. dass der Gute inzwischen Trainer bei dem schwedischen Zweitligisten Landskrona BoIS (Boll- och Idrotts Sällskap, Ball- und Sportgesellschaft) ist. Interessiert haben wir versucht herauszufinden, ob man es denn mit seinem St. Pauli Gewissen vereinbaren könne, auch Landskrona sympathisch zu finden. Das Ganze führt einen zu einer ganzen Menge kruder Übersetzungen aus dem Englischen und dem Schwedischen. Herausgekommen ist Folgendes dabei:

gegründet
07.02.1915 durch Fusion von IFK Landskrona und Diana
Stadion
Landskrona IP (Karlslunds IP), 12.000 Plätze
Zuschauerrekord 18.535 am 16.10.59
Liga
Allsvenskan (1. Liga) Gründungsmitglied 1924 – 1949,
1971 – 1980, 1994, 2002 - 2006
2006 Abstieg in die 2. Liga (Superettan)
Erfolge
Schwedischer Vizemeister 1938
1976 und 1977 Platz 3 (Teilnahme am UEFA-Cup)
Schwedischer Pokalsieger 1972
Schwedisches Pokalfinale 1949, 1976,1984, 1993
International: 
EC 2 72/73: Rapid Bukarest – Landskrona BoIS 3:0 / 0:1
UEFA-Cup 77/78 : Landskrona BoIS – Ipswich Town 0:1 / 0:5
Intertoto Cup: 1972, 1974, 1976, 1977
Ehemalige bekannte Spieler:
Alexander Farnerud (2001-2003), Pontus Farnerud (1996 – 1998), Jörgen Pettersson (2004 – 2008)
Rekordspieler:
Harry „Hacke“ Dahl (334 Tore in 410 Spielen in den 20ern), Sonny Johansson (637 Spiele – dabei 309 Tore in den 70ern)

Wenn man auf der Homepage auf den Link zu den Fans geht, gibt es dort einen Hinweis auf die Football Alliansen. Klickt man die Unterseite an, so bekommt man zuerst ein Zitat des Vereinsvorsitzenden Kenneth Hakansson: „Wir von Landskrona BoIS stehen für Werte wie Offenheit, Zusammenarbeit, gegenseitigen Respekt und Fairplay. Wir arbeiten für Toleranz und gegen Rassismus und gegen Mobbing. Dies bestimmt unser tägliches Handeln und dieses Wertesystem gilt in gleichem Maße auch für den Vereinsvorstand, die Spieler und Anführer.“ Das hört sich schon recht vielversprechend an. Also habe ich mir die Mühe gemacht, mich auf die Suche nach dieser Football Alliansen (FA) gemacht:
Der Ursprung der Football Alliansen liegt in Stockholm. Auch in Schweden hatte mit der Zeit das Problem der Gewalt in Fußballstadien und um den Fußball herum immer größere Ausmaße erreicht. 1986 hatte sich der schwedische Nationalrat für Kriminalprävention (BRA) erstmals mit dem Problem fußballspezifischer Gewalt befasst und hatte das Thema 2008 erneut auf der Agenda. Bei der Erstellung der Studie „Strategien gegen Gewalt im Zusammenhang mit Fußballspielen“ waren auch die drei Stockholmer Vereine AIK, Hammerby und Djurgarden beteiligt. AIK hatte auch schon ein eigenes Fanprojekt gegen Gewalt (AIK-stilen – ålska AIK varsamt = liebe AIK sanft). Die Maßnahmen, die die BRA empfahl, waren überwiegend repressiver Natur (mehr Zäune, Kameras, Polizisten und Kontrollen, weniger Alkohol, frühere Anstoßzeiten etc), aber man beschloss auch, in den präventiven Bereich zu investieren. So kam es zur Kooperation mit der FA. Maßgeblicher Kopf dahinter ist Ulric Jansson. Er arbeitete damals als Erzieher mit Problem-Jugendlichen und hatte eine lange Karriere als Sportler, Trainer und Funktionär hinter sich und ist seit langem Supporter von Hammerby IF. 2005 setzte sich Jansson mit zwei Supportern anderer Stockholmer Clubs zusammen, um sich Gedanken um das Problem der Gewalt zu machen. Dabei kam die Idee einer Organisation heraus, die Einfluss auf die Fankultur nehmen wollte, um für Gewaltfreiheit auf den Rängen zu werben. Das Projekt fand Anklang bei den Verantwortlichen der Vereine und nachdem die Regierung Geldmittel bewilligte, wurde die FA im März 2006 ins Leben gerufen. Als Kooperationspartner suchte man sich die Organisation Fryshuset. Diese wurde 1984 von der schwedischen Sektion des YMCA und ein paar Freiwilligen gegründet unter maßgeblicher Beteiligung von Anders Carlberg, der immer noch CEO ist. Der Name bezieht sich auf den ersten Standort des Projekts, dem ehemaligen Kühlhaus Södermalm im Süden Stockholms, in dem sich die Organisation um soziale Projekte für Jugendliche, zunächst im Bereich Sport und Musik, kümmerte. Als 1986 gewalttätige Bandenkriege zwischen Jugendlichen in Stockholm stattfanden, wandte sich die Regierung an Fryshuset, die daraufhin eine Kampagne starteten, um Alternativen zu Gewalt aufzuzeigen, welche ganz Schweden umfaßte. Heute hat Fryshuset 500 Mitarbeiter und 40.000 Besucher jeden Monat. Neben Zentren in Stockholm, Malmö und Göteborg betreibt man auch mehrere Schulen, u.a. das Basketballteam 08 Stockholm Menschenrechte mit eigener Arena und eine Vielzahl von Projekten (u.a. Exit – Hilfe für Aussteiger aus rechtsradikalen Gruppen; Chaplin betreut Kinder aus dysfunktionalen Familen; Easy Street hilft, Jugendliche, die durch Vanadalismus auffällig geworden sind, wieder zu integrieren). Die Finanzierung von Fryshuset erfolgt nur zu 5% aus staatlichen Mitteln, der Rest kommt von Spendern, Sponsoren und Gebühren (die allerdings nicht von Jugendlichen erhoben werden). Seit 2006 hat die FA etwa 250 Schulbesuche (auch mit vielen prominenten Fußballern) und unzählige Seminare organisiert. Das von ihnen initiierte Theaterstück „Top Boy“ tourte 2009 durch Schweden und wurde 150 mal aufgeführt. Mit „Huliganparan“ (Hooliganbirnen) hat die FA ein Internetportal ins Leben gerufen, an das sich Betroffene und Eltern wenden und Erfahrungen austauschen können. An ihrem Präventions- und Reaktionsprogramm nehmen inzwischen zehn schwedische Vereine (AIK, Djurgardens IF, Hammerby IF, Landskrona BoIS, GAIS, Helsingborgs IF, Elfsborgs IF, IFK Göteborg, Örgryte IS und Makmö FF) teil. Ebenso war die FA maßgeblich an der Gründung der SFSU (Swedish Football Supporters Union) beteiligt, einer Organisation, die vielleicht am ehesten mit BAFF vergleichbar ist. Djurgarden hat inzwischen eine Kooperation mit Charlton Athletic und vier hauptamtliche Mitarbeiter, die sich um die Betreuung von sozialen Projekten von Jugendlichen kümmern. Landskrona ist seit 2008 Mitglied der FA, hatte allerdings bereits vorher ähnliche Projekte entwickelt.
„In Landskrona gibt es zwar eine gewisse Hassliebe zu Helsingborg, aber mit Ausnahme von einem Spiel gegen Angelholm hatten die BoIS ansich keine Probleme mit Hooligans“ führte Benny Berggren, der Beauftragte Landskronas für die FA im Interview mit der Lokaltidningen aus.. „Trotzdem beteiligen wir uns an dem Projekt, um die Stimmung auf den Rängen zu verbessern“. Berggren steht in Kontakt zu dem größten Fanclub „Black & White“, organisierte Treffen, an denen auch Spieler teilnehmen. „Wir wollen hören, wie die Fans Dinge wahrnehmen und was sie wünschen und dann werden wir versuchen, was wir umsetzen können. Die Idee ist, dass eine positive Stimmung auf das ganze Publikum übergreift. Es soll Spaß machen, zum Fußball zu gehen, auch wenn die Mannschaft mal einen schlechten Tag hat.“ 'Zudem hält Berggren Vorträge in sechsten und siebten Schulklassen „über Respekt, Verantwortung und eine Haltung, wie man auf dem Platz zu stehen hat und wie man sich auch in der Gesellschaft zu verhalten hat.“ Die simple Antwort also: Ja, man kann Landskrona BoIS wohl beruhigt sympathisch finden!!! Und, wenn man den Bloggern von Bergedorf 85 (85live.blogspot.com) Glauben schenken darf, dann scheint sich ein Besuch im Stadion der Landskrona BoIS zu lohnen. // fuisligo