Montag, 23. November 2009

PREMIERENSTADL





2. BL:
fc augsburg - FCSTP  3:2


Drittes Jahr zweite Liga, drittes Jahr Augsburg und mein dritter Reisebericht. Oh, mein Gott, wie langweilig. Da schreibt der doch nur wieder, wie schön das alles ist und dass wir leider wieder mal unglücklich verloren haben. Letzteres stimmt fast; ersteres nicht. Ich gebe zu, ich bin der Stadt und den Menschen dort aus der Region dort sehr zugetan, weil wir dort immer sehr nett aufgenommen wurden. Das war dieses Mal nicht anders, auch wenn es zu großartigen Fraternisierungsszenen nicht kommen konnte. Den Charme bezog eine Fahrt nach Augsburg bislang aus der Rosenau und den sie umgebenden Biergärten, der Betreiber sicherlich am Umsatz den Wegzug des Fußballs merken werden. 
Denn der FCA spielt jetzt in der Impuls Arena. Das Wort Arena verheißt in Punkto Gemütlichkeit eh nie etwas Gutes. Ich hatte bei einer Bekannten, die aus Augsburg kommt, angefragt, wo denn das neue Stadion steht und wie es denn gastrotechnisch dort aussehen würde. Beide Antworten verhießen nichts Gutes:  
a) JWD und b) gibt keine – und entsprachen leider der Realität, auch unsere Vorausfahrer, die seit Samstag in Augsburg weilten, konnten nichts von Gastronomischen Highlights in der Nähe des Stadions vermelden. Wir, das waren drei getrennte Gruppen, die Exilanten per Schweineexpressen, die Arroganten mit Bahncard und ICE aus Stuttgart, die sich in Augsburg mit den Idiotensportlern aus München vereinten. Auf dem Bahnhofsvorplatz fand denn auch mangels Alternativen die Ersatzveranstaltung zum früheren Treffen im Kiosk Sonnenglück statt. Ein Pseudo-Weihnachtsmarktstand bot bei 17 Grad „Warmen Caipirinha“ an; na denn Prost. Es war auf jeden Fall deutlich mehr Sicherheitsmacht anwesend als früher, vor allem Angehörige der Film- und Nahkampfakademie Bamberg. Wobei man den Eindruck hatte, die bayrische Polizei hätte vor allem Azubis geschickt (oder war grad mal wieder Heiligendamm oder ähnliches und ich hab’s mal wieder nicht mitbekommen), die Cops waren alle ziemlich jung und vollführten dort auch neue Choreographien des Formationstanzes, was so ein wenig an Asterix erinnerte (die offene Raute, die Torte ohne Kerze, die Schildkröte, die Pyramide). 
Sind wir vielleicht seit Rostock ein Sicherheitsrisiko. Schon relativ früh wies uns ein Megaphonist darauf hin, wir sollten doch (BITTE!!!) die bereitgestellten Shuttlebusse Richtung Arena benutzen. Taten wir denn irgendwann, hatte ich mich doch sagen lassen, die Fahrzeit betrage 20 Minuten. Wurde denn doch etwas länger, denn unserem Bus platzte nach ungefähr zehn Metern ein Reifen...also alles raus, alles in den nächsten und dann der Shuttleverkehr: Für alle die nicht da waren, das war in etwa so, als wenn sie dich in Eidelstedt empfangen und dann mit Bussen nach Wakendorf II karren. Kein Haus, kein Baum, kein Strauch, leere Felder, ein Möbelmarkt, irgendein Betonkasten in Bau und dann jenes Stadion, eine Betonschüssel in der Mitte von Nichts. Also ob von dieser Arena nun Impulse ausgehen. Die Ordner waren diesmal über Augsburger Verhältnisse richtig umgänglich. Drinnen dann das nächste Ärgernis: erst das Eintauschen von Geld in die „Impuls Arena easy living card“ und dann gab’s für’s Plastikgeld auch nur Plastikbier, die „leichte Weiße“. Meine letzte Eigenurintherapie war leckerer. Selbst der eine oder andere Augsburger vermeldete sein Ärgernis über dieses Kunstprodukt. Beim Gästeblock ist das beste die Sicht. Immerhin blieb alles friedlich; nur als einer meinte, er müsse den Ultra-Block fotografieren, zog er sich den Ärger der Anwesenden und eine Bierdusche zu. Nach dem Spiel meinte ein Witzbold, er müsse einen der Filmschaffenden aus Bamberg mit „Kameramann, du Arschloch“ titulieren; was zwar leise tat, aber nicht nur für mich hörbar, sondern auch für die geballte Staatsmacht, die daraufhin die Heimfahrt des Spaßvogels sicher etwas hinauszögerte. Apropos Spiel: Fußball gespielt wurde auch zwischendrin und ich muss ehrlich sagen, ich fahre dann doch lieber nach München, um mir eine 1:5 Klatsche abzuholen, als mir so was anzusehen. Das tragische Scheitern hat seine Ästhetik, doch hat mich meine gymnasiale Vorbildung vielleicht solchen Tragödien entfremdet. Wir hätten verdammt noch mal einen Punkt verdient gehabt; die Mannschaft hat großartig gekämpft, Ebbers weiß wieder, wo das Tor steht. Ich will keinen hervorheben und keinen klein machen. Über die rote Karte kann man diskutieren; muss man aber nicht (ich hätte sie nach medialer Aufbereitung nicht gegeben). Aber vielleicht ist und bleibt das wirklich die Quintessenz, wenn ich nach Augsburg fahre: wir fahren die Besseren und haben doch wieder mal nix mitgenommen. Den Satz „alles war schön“ aus dem Anfang des Artikels schreibe ich diesmal nicht. War es nämlich nicht in Wakendorf II. 

Dienstag, 10. November 2009

Geschichten aus 1000 und einer Nacht


Oder nein: Geschichten aus 666 Nächten, Abenden, Tagen, Mittagen, bei denen insgesamt 1002 Punkte heraus kamen. 1002 Punkte in der 2. Bundesliga für den FC St. Pauli. Und es gibt sogar einen Punkteverantwortlichen: Heino Hansen. Sein Tor in der 67. Minute zum 2:2 bei der DJK Gütersloh am 10.08.1974 sorgte für den ersten Punktegewinn des FC in der 2. Bundesliga. Mit inzwischen 1002 haben wir nach 12 Spieltagen der aktuellen Saison bereits jene magische Marke von 1000 Punkten geknackt, was vor uns nur zehn von 121 ehemaligen und aktuellen Zweitligisten geschafft haben. Mit 1002 Punkten sind wir nun zwei Punkte besser als der 1. FC Saarbrücken und damit auf Platz 10 der ewigen Zweitligatabelle. Na klar, wir gehören zu den Dauerbrennern der 2. Liga, denn ansonsten könnte man solche Punktemasse nicht sammeln, sind nun 19 Jahre dabei, die anderen neun Mannschaften vor uns haben mehr Jahre in der Unterklasse auf dem Buckel. Das heißt aber nicht zwingend, das wir uns nicht noch höher schrauben können, denn von den neun vor uns gehören einige Vereine der Zweitligageschichte an, und ob wir sie jemals wiedersehen... 20 Punkte sind es noch bis Wattenscheid 09, dann sind wir auf Platz neun. Machbar, oder? Sollte uns nicht zufällig der Aufstieg in die Erste gelingen, dann stünden als nächste Marke 1064 Punkte von Waldhof Mannheim an, sollte wohl auch kein Hindernis sein, da die Waldhöfer wohl auf längere Zeit gesehen nicht die 2. Liga sehen werden. Von den ersten neun Mannschaften vor uns in der ewigen Tabelle spielen überhaupt nur zwei in unserer Liga, nämlich Aachen auf Platz 2 und die SpVgg Greuther Fürth auf Platz 6. Hannover 96 und Freiburg können in der Bundesliga keine weiteren Punkte sammeln; Fortuna Köln und die Stuttgarter Kickers sind ebenfalls meilenweit von der 2. Liga entfernt und was aus dem VfL Osnabrück wird, weiß auch keiner.  Pünktchen sammeln kann erfahrungsgemäß nur, wer nicht verliert, oder besser noch, gewinnt; das noch mehr seit 1995, denn ab da gab es drei Punkte für einen Sieg (vorher galt die gleiche Punkteregelung, wie sie heute noch im Handball gilt). Nicht verlieren konnten wir am besten 76/77, da waren’s nur ganze drei Niederlagen, obwohl die Mannschaft schwer in Tritt kam: Nach 11 Spieltagen standen erst drei Siege zu Buche, fünf Unentschieden und eben jene drei punktlosen Spiele. Am Ende stand mit 1,92 der beste Punkteschnitt zu Buche und damit auch der Aufstieg in die erste Liga.  Nur ein Pünktchen weniger hatten wir 74/75; das Problem damals: das reichte nur zum dritten Platz der 2. Liga Nord, denn nach der alten Regel hatten Hannover und Uerdingen mehr Punkte gesammelt. Und nur der Erste stieg direkt auf, der Zweite spielte Relegation gegen den Zweiten der Südstaffel. Aber, jetzt folgt ein Rechenbeispiel:

S
U
N
Pluspunkte Alt
3-Punkte Regel
Uerdingen
20
11
7
40 + 11 = 51
60 + 11 = 71
St. Pauli
22
6
10
44 + 6   = 50
66 + 6   = 72
Genau das war einer der Gründe dafür, die 3-Punkte-Regel einzuführen zwanzig Jahre später, um offensiven Fußball zu belohnen. Dass St. Pauli nach 1978 nie mehr jene 70-Punkte Marke erreichen konnte, lag vor allem daran, dass aus den zweiten Bundesligen nach und nach die “Dorfvereine” aussortiert wurden (man bedenke, dass 74/75 noch der HSV Barmbek-Uhlenhorst 2. Bundesliga spielte!!!), seit 1981 die 2. Liga auch eingleisig wurde und – nach den Wiedervereinigungswirren – seit 1994 nur noch 18 statt 20 Mannschaften umfasst. Insofern ist der Schnitt Punkte pro Spiel vielleicht das interessanteste Parameter als vergleichbare Größe, mehr noch als jene immer wieder genannten 40 Punkte, die angeblich immer zum Klassenerhalt reichen. Das mag nur auf die 18er Ligen zutreffen, denn 84/85 sind wir mit 44 Punkten als Vorletzter abgestiegen (20 Mannschaften); 07/08 mit 42 Punkten Neunter geworden und haben 99/00 mit 39 Punkten noch die Klasse gehalten. Mit 31 Punkten kann man das auf jeden Fall nicht erreichen. 02/03 geht wohl als schlechteste Zweitligasaison in die Geschichte ein, 7 Siege, 10 Unentschieden, 17 Niederlagen, nur 0,91 Punkte pro Spiel, das desolate Ende einer desolaten Saison. Mehr Niederlagen und weniger Siege gab es noch nie. Da haben wir ja diese Saison mit acht Siegen nach zwölf Spieltagen bereits mehr und so mag mancher vielleicht wieder anfangen zu träumen. Warum wie das Eichhörnchen Punkte für die Zweitligastatistik sammeln, wenn man doch nächstes Jahr auch wieder an jener für die erste Liga arbeiten kann. Wenn es denn eine magische Zahl für den Aufstieg gibt, dann ist es 1,7 plus x hinter dem Komma. Das ist genau der Punkteschnitt, der St. Pauli fast immer zum Aufstieg gereicht hatte (das Jahr 1975 ausgenommen). 86/87 reichten 1,79 Punkte zumindest zur Relegation, die gegen Homburg verloren wurde; mit genau dem selben Schnitt stiegen wir ein Jahr später auf. 1995 reichten 1,73 Punkte im Schnitt, 2001 waren es 1,76.  Damals 60 Punkte, 17 Siege, 9 Unentschieden, 8 Niederlagen. SECHZIG ist in den letzten drei Jahren auch die magische Zahl absolut gewesen: 2006 reichten Cottbus 58 Punkte zum Aufstieg, danach waren es immer 60 Punkte, die Mannschaften für den Sprung in die Erstklassigkeit brauchten. Fehlen uns noch 34 aus 22 Spielen, rein rechnerisch. Das würde einen Schnitt von 1,54 Punkten bedeuten (momentan liegen wir bei beängstigend guten 2,16), oder noch 11 Siege, ein Unentschieden bzw. 6 Siege und 16 Unentschieden. Spinnerei, Träumerei? Gedankenspielerei! Aber nach dem Aufstieg könnte ich dann vielleicht über den 250. Erstligapunkt schreiben; dazu fehlen uns noch 25 – und mit 37 Erstligapunkten würden wir Rot Weiß Essen überholen...obwohl, 2001/02 waren es nur 22 Punkte, aber das ist auch wieder eine andere Geschichte