Bokal,
Bokal...nein, ich will nicht nochmal die Geschichte des wundersamen Pokalrittes
des FC aus der Saison 05/06 erzählen (auch wenn Felix Luz dann sicher auch
einen ÜS kaufen würde...aber das tust du ja
wohl hoffentlich sowieso, gell?) – aber das Erreichen des Halbfinales im
DFB-Pokal gilt vielen jüngeren Anhängern als der größte Erfolg in der
Vereinsgeschichte. Kann man so sehen,
muß man aber nicht.
Sechzig Jahre ist es nun her, da konnte sich der FC St. Pauli als eine der vier
besten Mannschaften Deutschlands bezeichnen, und damals war die Meisterschaft
noch eine echte Ochsenmühle, denn nach der Ligasaison folgte damals noch die
lokale Meisterschafts-endrunde und dann die eigentliche deutsche Meisterschaft
im K.O. System.
Und wir
wollen nicht vergessen, damals 1948 waren die Spieler noch keine Vollprofis,
die acht Klinsmann-Stunden auf dem Fußballplatz oder in der Buddha-Lounge
verbrachten, es durfte noch nicht gewechselt werden und Reisen durch
Deutschland geht sicherlich heute auch etwas angenehmer.
Es war die Zeit und der größte Erfolg der sogenannten Wunderelf, die Geschichte
ist inzwischen Legende...die Schlachterei von Karl Miller sen. in der Wexstraße
war Anlaufstelle für Spieler vor allem aus dem Osten Deutschlands, nachdem sein
Sohn, der kriegsbedingt seit 1940 für den Dresdener SC und den
Luftwaffensportverein Hamburg aufgelaufen war, ans Millerntor zurückgekehrt war
und den Ruf ausgebracht hatte, in Hamburg auf St. Pauli werde eine große
Mannschaft aufgebaut; wohl aber vor allem 1945 eine satte.
Vor allem waren es Ex-Dresdener: Heinz Hempel, Hans Appel, Walter Dzur, Heinz
Köpping, Fritz Machate (über den Umweg Bamberg) und Heinz Schaffer (auch Helmut
Schön schaute mal kurz für drei Spiele in Hamburg vorbei ebenso wie Walter
Böhme, der sich 47 allerdings zu Altona 93 verabschiedete), dazu kamen aus dem
Osten Deutschlands Willi Thiele (SG Ordnungspolizei Chemnitz), Rolf Börner von
Stahl Riesa, Jupp Famula von Beuthen 09 und Heinz „Tute“ Lehmann, ein Berliner
mit dem Umweg Bremerhaven.
Außerdem hatte der FC St. Pauli seinen ersten Ausländer im Kader, den Engländer
Joseph Dalton (William, Jack und Averell spielten woanders) und der Trainer,
Hans Sauerwein – seit 1945 im Amt, hatte natürlich auch früher den Dresdener SC
trainiert.
Wobei Sauerwein Ende 1947 auf eigenen Wunsch Hamburger Verbandstrainer
wurde. Ihn ersetzte mit Woldemar
Gerschler ein ehemaliger Leichtathletik-Bundestrainer (!!!).
Echte Hamburger Jungs waren nur der zweite Torwart Delewski, Karl Miller,
Urgestein Harald Stender, Kurt Köwitz und Hans Wehrmann.
Das Gros des Kaders war seit 1945 zusammen, Thiele und Famula kamen 1946 und
1947 ergänzten Dalton und Wehrmann den Kader, der vorher in der
Stadtmeisterschaft Hamburg 1946 Zweiter und 1947 sogar souverän Meister
geworden war, mit drei Punkten Vorsprung auf den großen HSV!!!...daß man damals
in der deutschen Meisterschaft nicht weiterkam, lag an den widrigen Umständen,
wenn man denn die Querelen um die Austragung der norddeutschen Meisterschaft so
nennen möchte.
1947 war St. Pauli auf jeden Fall Teil der neugegründeten Oberliga Nord und
begann mit einem Terror-Furioso, das erste Spiel gewann man 10:0 bei Hannover
96 und blieb acht Spieltage lang ungeschlagener Tabellenführer, ehe es gegen
den HSV die erste Niederlage setzte und die Tabellenführung verloren ging – die
holte man sich mit einem 1:0 beim HSV am 20. Spieltag wieder und gab sie auch
bis zum Schluß nicht mehr her. Kleines
Manko: der HSV und der FC hatten gleich
viele Punkte und da damals die Tordifferenz noch nicht zählte, mußte der
Meister in einem Entscheidungsspiel ausgeschossen werden – das gewann der HSV
mit 2:1 im Hoheluft-Stadion.
Aber auch als offizieller Vizemeister war man für die Meisterschaftsendrunde
der Britischen Zone qualifiziert, wo im Viertelfinale der STV Horst-Emscher
wartete, ein Stadtkonkurrent des FC Schalke 04 (die anderen Teilnehmer waren
Borussia Dortmund, HSV, Werder Bremen, SV Hamborn 07, TSV (Eintracht)
Braunschweig und die Sportfreunde Katernberg)
Horst wurde
mit 3:1 nach Hause geschickt; im Halbfinale wartete in Gladbeck Borussia
Dortmund – St. Pauli ging zwar zweimal in Führung, doch der BvB glich beide
Male aus.
Da damals
noch kein Elfmeterschießen vorgesehen war, gab es nach der torlosen
Verlängerung ein Wiederholungsspiel, eine Woche später in Braunschweig, wo St.
Pauli mit 1:0 die Oberhand behielt.
Damit stand man im Finale, wieder gegen den HSV...das Spiel war ansich
irrelevant, denn beide Teilnehmer waren für das Viertelfinale um die deutsche
Meisterschaft qualifiziert, insofern wollen wir über das Ergebnis den Mantel
des Schweigens hüllen (der HSV gewann im Victoria-Stadion mit 6:1).
Acht Mannschaften standen in der Endrunde um die deutsche Meisterschaft: der HSV und St. Pauli aus der britischen
Zone, Kaiserslautern und die SpVgg Neuendorf aus der französischen, TSV 1860
München und der 1. FC Nürnberg aus der amerikanischen, Union Oberschöneweide
(später 1. FC Union Berlin) aus Berlin plus der SG Planitz (Stadtteil von
Zwickau) aus der sowjetischen Zone.
Neuendorf schlug den HSV 2:1 in Dortmund, Lautern 1860 5:1 in Worms, Planitz
schied kampflos aus, da die Behörden den Spielern die Ausreise nach Stuttgart
verweigerten, wo das Spiel gegen Nürnberg hätte stattfinden sollen und der FC
St. Pauli hatte im Berliner Olympiastadion gegen Union Oberschöneweide
anzutreten. Roch nach Heimspiel für die
späteren Unioner; mitnichten, denn ansich war das Spiel bereits nach 45 Minuten
entschieden – da führte St. Pauli bereits 4:0 und in der 2. Halbzeit kamen
nochmals drei Tore zum 7:0 Enderfolg dazu.
Im Halbfinale gab es dann von allen möglichen Gegnern den vielleicht schwersten
Gegner, den 1. FC Nürnberg, damals Rekordtitelträger neben den nicht
qualifizierten Schalkern.
38.000
Zuschauer hatten Karten für das Spiel in Mannheim – 91.000 Anforderungen waren
eingegangen. Die Nürnberger hatten das
Viertelfinale kampflos überstanden, da dem SG Planitz die Reisegenehmigung in
den Westen von den sowjetischen Behörden untersagt worden war, waren insofern
ausgeruhter als die Hamburger und lagen nach 33 Minuten auch schon mit 2:0
vorne (Hagen / Winterstein) – ein verschossener Elfmeter des späteren St.
Paulianers Robert Zapf Gebhardt gab das Signal zur Aufholjagd. Lehmann (56.) schaffte den Anschlußtreffer,
Machate (82.) den Ausgleich; doch bereits in der 4. Minute der Verlängerung
schoß Pöschl Nürnberg bereits wieder in Führung.
Diese Führung
sollte bis Ende Bestand haben und damit war St. Pauli ausgeschieden.
Nürnberg sicherte sich die Meisterschaft durch ein 2:1 gegen Lautern – St. Pauli
hatte damit den bis dato größten Erfolg seiner Vereinsgeschichte erzielt;
danach ging es dann mit der sogenannten Wunderelf bergab. 1949 reichte es noch zum Viertelfinale (1:2
gegen Lautern), im Jahr darauf in der erstmals ausgetragenen Gruppen-Endrunde
wurde man Vierter hinter Lautern (2:4 / 0:2), Schalke (2:1 / 0:1) und der SpVgg
Fürth (1:4 / 1:0).
Danach konnte sich St. Pauli nie mehr auch nur in die Nähe eines deutschen
Meistertitels bringen...die Spieler aus der Wunderelf waren schon 1948 um oder
über 30 gewesen und diejenigen, die ihnen folgten, hatten nicht mehr deren
Qualität.
Es begann halt die Zeit, in der ein Schnitzel allein nicht mehr zählte...
Spiele in
der Saison 1947 / 48
Datum
|
Gegner
|
Erg.
|
Torschützen für St. Pauli
|
14.09.47 -
OL
|
at Hannover
96
|
10:0
|
Lehmann (4) / Famula (3) / Börner (2) /
Schaffer
|
21.09.47 –
OL
|
vs Holstein Kiel
|
5:0
|
Lehmann (3) / Famula / Machate
|
28.09.47 –
OL
|
at Bremer SV
|
3:1
|
Machate / Schaffer / Lehmann
|
05.10.47 – OL
|
vs Concordia
|
4:2
|
Miller / Schaffer / Lehmann (2)
|
19.10.47 –
OL
|
at VfL
Osnabrück
|
2:2
|
Schaffer / Lehmann
|
26.10.47 – OL
|
vs Werder Bremen
|
2:0
|
Lehmann / Machate
|
02.11.47 – OL
|
at Eintracht Braunschweig
|
3:0
|
Lehmann / Börner / Michael
|
16.11.47 – OL
|
vs Victoria
Hamburg
|
3:0
|
Schaffer (2) / Machate
|
30.11.47 – OL
|
vs HSV
|
0:2
|
keiner
|
07.12.47 – OL
|
vs VfB Lübeck
|
3:1
|
Schaffer / Machate / Börner
|
14.12.47 – OL
|
at Arminia
Hannover
|
2:1
|
Schaffer (2)
|
04.01.48 - OL
|
vs Bremer SV
|
1:2
|
Lehmann
|
11.01.48 –
OL
|
at Holstein
Kiel
|
0:0
|
keiner
|
18.01.48 –
OL
|
at Victoria
Hamburg
|
9:0
|
Börner (2) / Michael (2) / Machate (3) /
Schaffer / Lehmann
|
25.01.48 – OL
|
vs Hannover 96
|
5:2
|
Schaffer / Dzur / Machate / Lehmann /
Börner
|
08.02.48 – OL
|
vs VfL Osnabrück
|
0:0
|
keiner
|
15.02.48 – OL
|
at Werder Bremen
|
3:2
|
Schaffer / Börner / Machate
|
29.02.48 – OL
|
at VfB
Lübeck
|
4:2
|
Schaffer (2) / Börner / Machate
|
14.03.48 –
OL
|
at Concordia
Hamburg
|
2:0
|
Michael (2)
|
21.03.48 –
OL
|
at HSV
|
1:0
|
Lehmann
|
11.04.48 – OL
|
vs Eintracht Braunschweig
|
7:2
|
Börner (2) / Schaffer (2) / Lehmann (2) / Michael
|
18.04.48 – OL
|
vs Arminia
Hanover
|
4:1
|
Machate (2) / Schaffer / Lehmann
|
02.05.48 - NdtM
|
HSV
|
1:2
|
Lehmann
|
09.05.48 – MBZ 1/4
|
STV Horst Emscher
|
3:1
|
Börner/
Schaffer (2)
|
30.05.48 – MBZ 1/2
|
Borussia Dortmund
|
2:2
|
Schaffer /
Lehmann
|
06.06.48 – MBZ 1/2
|
Borussia Dortmund
|
1:0
|
Machate
|
13.06.48 – MBZ Fin.
|
HSV
|
1:6
|
Michael
|
18.07.48 – DM 1/4
|
Union Oberschöneweide
|
7:0
|
Schaffer (3) / Machate (2) / Michael /
Lehmann
|
25.07.48 – DM 1/2
|
1. FC Nürnberg
|
2:3
|
Lehmann / Machate
|
OL
= Ligenspiele der Oberliga Nord /
vs heißt Heimspiel, at Auswärts
NdtM = Entscheidungsspiel um die Norddeutsche
Meisterschaft
MBZ =
Meisterschaft der Britischen Zone
DM =
Endrunde um die Deutsche Meisterschaft